Foto: Viktor Goebel
Das Fahrrad leistet einen bedeutenden Beitrag zur nachhaltigen Mobilität in Städten. Derzeit werden geschätzt 20 % aller in der Stadt München zurückgelegten Wege mit dem Rad bewältigt. Noch nicht detailliert untersucht wurde allerdings, welche Rolle das Fahrrad speziell beim Einkaufen in München spielt und was die Kunden und Kundinnen bewegt das Rad zu benutzen oder eben nicht. Mit einer Studie und einer eigenen Datenerhebung haben wir dieses Thema im Jahr 2017 genauer unter die Lupe genommen.
Die Studie
Nach dem Entscheid neue Daten spezifisch zu erheben haben wir als Vorbild für die Erhebung eine Studie des österreichischen Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus herangezogen. Die dort 2010 in Auftrag gegebene Untersuchung ergab unter anderem einen hohen durch Radfahrende generierten Umsatz und damit eine hohe Relevanz dieser Gruppe Verkehrsteilnehmer für den Einzelhandel In München haben wir im Sommer / Herbst 2017 mit der Erhebung folgende Kernfragen untersucht:
- – Wie hoch ist der Anteil des Radverkehrs beim Einkaufen?
- – Was hindert die Menschen am Fahrradfahren für diesen Fahrtzweck?
- – Was wünschen sich Rad- und Selten- bzw. Nichtradfahrer an Verbesserungen?
- – Welchen Umsatz generieren Radfahrer und Radfahrerinnen im Vergleich zu anderen Kunden in den Geschäften?
Wie haben wir die Daten erhoben? Wir haben dazu eine point-of-sale Befragung durchgeführt und dabei KundInnen an den Ausgängen von den Geschäften des Einzelhandels angesprochen und mit einem standardisierten Fragebogen persönlich befragt. Wir haben Insgesamt konnten wir so 822 Fragebogen auswerten. Diese Stichprobe ist zwar nicht repräsentativ im engeren statistischen Sinn für die Gesamtstadt München. Da die Personen in der Stichprobe aber relativ gut der Altersverteilung in der Münchner Bevölkerung entsprechen, das Geschlechterverhältnis ausgewogen ist und auch nach Einkommens- und Bildungsstand die Werte typisch für die Gesamtstadt sind glauben wir mit der Gruppe der von uns Befragten wichtige und valide Verhältnisse und Tendenzen zeigen zu können.
Wichtigste Ergebnisse
1. Verkehrsmittelwahl
Der Umweltverbund, also die Fußgänger, ÖPNV-Nutzer und die Radfahrenden, stellt mit 80 % einen großen Anteil am sogenannten Modal-Split, also der Aufteilung der einzelnen verwendeten Verkehrsmittel. Ungefähr jede fünfte Person in unserer Erhebung kam mit dem Rad (Abb. 1). Das Fahrrad wurde damit sogar häufiger verwendet als der eigene PKW. Die Analyse nach Gebietstyp zeigt, dass das Fahrrad vor allem im Bereich innerhalb des Mittleren Rings und außerhalb der Altstadt die höchsten Anteile am Modal Split erreicht.
2. Hindernisse für die Radnutzung
Wir haben den Teil der Befragten, die nicht mit dem Rad zum Einkaufen kamen gefragt, ob eine Fahrradnutzung grundsätzlich nicht doch in Frage kommt und warum diese Personen am Befragungstag nicht mit dem Rad gekommen sind. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass für fast die Hälfte (48 %) der „Nichtradler“ die Radbenutzung doch in Frage kommt. Die Antworten auf die Anschlussfrage „Welche Gründe haben Sie von der Nutzung des Fahrrads abgehalten?“ kann Abbildung 2 entnommen werden. Hierbei zeigt sich, dass in eher „schwierig“ (zum Beispiel Gesundheit) und „durchaus“ beinflussbare Hindernissfaktoren (zum Beispiel Verfügbarkeit eines Fahrrads) unterschieden werden kann.
3. Entfernung
Abbildung 3 zeigt, dass 59 % der Befragten nicht mehr als 5 km Distanz für ihren Einkauf zurücklegten. Hierbei handelt es sich um typische Distanzen, die noch mit dem Fahrrad gefahren werden können, ohne dass dies die NutzerInnen als zu anstrengend oder unangenehm empfinden. Von den 420 Personen mit einer Distanz unter 5 km kamen immerhin 130 mit dem PKW. Hier besteht ein Verlagerungspotenzial.
4. Verkehrsmittelwahl und Einkommen
Unsere Erhebung belegt auch, dass PKW-Nutzer und Radfahrende gegenüber dem Durchschnitt häufiger über ein gutes Einkommen verfügen (Abbildung 4). Die höhere Kaufkraft ist interessant für den Einzelhandel. Hier würde es sich lohnen, für die Kundengruppe der Radler auch adäquate Einrichtungen wie genügend Radabstellplätze anzubieten und eine Verbesserung der Radinfrastruktur in der Umgebung oder Ausleihmöglichkeiten von der Stadt zu fordern.
Schlussfolgerungen
Unsere Untersuchung erhärtet die schon bestehenden Erkenntnisse anderer Studien zur Bedeutung des Fahrrads beim Einkaufen insbesondere auch für die Münchner Situation. Politik und Verwaltung sind in der Pflicht, speziell für den diesen Wegezweck adäquate Infrastrukturen für Radfahrer wie genügend Stellplätze direkt vor den Geschäften oder gute und sichere Radwege zu den Einkaufszentren zu schaffen. Ferner sollten noch stärkere Förderanreize zum Kauf von E-Bikes oder Lastenrädern gesetzt werden. Weiterhin zeigt die Studie, dass Investitionen des Einzelhandels zur Unterstützung der radelnden Kunden die Attraktivität des Geschäftes für diesen Kundenstamm erhöhen können.