So gelingt die Anpassung an den Klimawandel nicht
Eigentlich ist es ganz einfach: Aufgrund der dichten Bebauung kommt es im Münchner Stadtgebiet bereits jetzt zu einem ausgeprägten Wärmeinseleffekt. Das heißt, tagsüber heizen sich versiegelte und bebaute Flächen stark auf und geben diese Wärme nachts wieder ab. Dieser Effekt verstärkt die Sommerhitze in der Stadt zusätzlich. Mit den infolge des fortschreitenden Klimawandels weiter steigenden Temperaturen führt das zu einer immer stärkeren Belastung insbesondere für ältere MitbürgerInnen und Menschen mit Vorerkrankungen. Kühlend wirken neben Bäumen und Grünanlagen vor allem große, unbebaute und zusammenhängende Grünflächen. Sie leiten Kaltluft aus der Umgebung in die Stadtquartiere und sorgen dort für die wichtige Durchlüftung und Abkühlung.
„Frischluftschneisen sind wichtige Klimaanlagen in der Stadt und für eine erfolgreiche Anpassung an den Klimawandel unersetzbar. Bereits 2014 hat die Stadt München mit der Stadtklimaanalyse wichtige Frischluftschneisen benannt. Eine Studie des Deutschen Wetterdienstes (*) unterstreicht deren Bedeutung für das Stadtklima noch. Doch Frischluftschneisen können ihre Funktion nur erfüllen, wenn in diesen großen und zusammenhängenden Grünflächen nicht gebaut wird.“ erläutert Christian Hierneis, Vorsitzender der Kreisgruppe München des BUND Naturschutz (BN).
Aufgrund dieser eindeutigen Datenlage ist es für den BN nicht nachvollziehbar, warum der Neubau des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums ausgerechnet im Klimapark am Salzsenderweg verwirklicht werden soll. Anstatt, wie ursprünglich geplant, die 12 Hektar große Fläche komplett als Parkanlage auszuweisen und zu entwickeln, soll sie nun um fast zwei Hektar reduziert werden. Der Klimapark ist allerdings nicht die einzige Frischluftschneise, die in München in Teilen bebaut werden soll. Derzeit plant die Stadt größere Projekte in der Eggartensiedlung, dem Virginia-Depot und an der Fasangartenstraße.
„Es stellt sich die Frage, warum ausführliche Studien zu Frischluftschneisen und zur Anpassung an den Klimawandel durchgeführt werden, wenn die Empfehlungen daraus und die gewonnenen Erkenntnisse nicht umgesetzt werden.“ ergänzt Hierneis.
Zudem hat München den Klimanotstand ausgerufen und beschlossen, alle klimarelevanten Beschlussvorlagen im Stadtrat auf ihre Auswirkungen auf den Klimaschutz zu prüfen. Noch deutlicher wird der Koalitionsvertrag zwischen den Grünen und der SPD im Stadtrat: Regionale, sowie städtische Grünzüge und Kaltluftschneisen sollen erweitert und dauerhaft gesichert werden. Konkret wurde vereinbart, Grünzüge von Bebauung unbedingt freizuhalten. Auch der Klimapark am Salzsenderweg ist Teil zweier Grünzüge.
„Ein Schule ausgerechnet an diesem Standort zu bauen, steht in einem völligen Widerspruch zum ausgerufenen Klimanotstand, aktuellen Studienergebnissen und den Vereinbarungen des geltenden Koalitionsvertrags.“, fasst Martin Hänsel, stellvertretender Geschäftsführer des BN die Stellungnahme der Kreisgruppe zum Bebauungsplan zusammen.
Auch wenn die Festsetzungen im Bebauungsplan zur Begrünung und zur Entwicklung der restlichen Flächen für sich betrachtet anerkennenswert sind, stellen sie aufgrund des gewählten Standorts im Klimapark leider eine reine Schadensbegrenzung dar. Hinzu kommt, dass durch die Aufstellung des Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren kein flächenmäßiger Ausgleich für die Versiegelung getätigt werden muss. Das Projekt dann als „Klimaschule“ zu bezeichnen birgt deshalb eine gewisse Ironie.
„Unsere Empfehlung an den Stadtrat lautet „Nachsitzen und nochmal darüber nachdenken“. Wer den Klimanotstand ernst nimmt, muss die Frischluftschneisen der Stadt erhalten, ohne Wenn und Aber.“ so Hänsel abschließend.
Quelle:
* Mühlbacher et al. 2020
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BUND Naturschutz, Kreisgruppe München
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