18.7.2017 – BUND Naturschutz kommentiert Kabinettsentscheidung zur Luftreinhaltung
Nachdem sich Ministerpräsident Horst Seehofer vorvergangene Woche mit den Konzernchefs der bayerischen Autokonzerne und vergangene Woche mit den Oberbürgermeistern bayerischer Großstädte getroffen hat, beschloss das Kabinett am heutigen Dienstag ein Maßnahmenpaket.
„Das heute vom Kabinett beschlossene Maßnahmenpaket ist eine Mogelpackung, die nur wenige Lichtblicke bei der Förderung der Alternativen zum Autoverkehr enthält. Es ändert nichts Grundlegendes an der vorsätzlichen Vergiftung der Bewohner an hochbelasteten Straßen in bayerischen Großstädten. Die Autokonzerne werden aus ihrer Verantwortung entlassen, nur Fahrzeuge zu verkaufen, die auch in der Realität statt nur auf dem Papier die geltenden Vorschriften einhalten. Hunderte von vorzeitigen Todesfällen und krankmachende Luft in den bayerischen Großstädten erfordern die verpflichtende Nachrüstung aller EURO-5- und EURO-6-Diesel-PKW auf Kosten der Autoindustrie und Fahrverbote für KFZ, welche Grenzwerte zum Schutz der Bevölkerung nicht einhalten. Ein reines Software-Update ist in den bayerischen Städten nicht ausreichend. Die Gesundheit der Bevölkerung bleibt ansonsten weiterhin vor den Konzerninteressen auf der Strecke, weshalb Fahrverbote weiterhin nötig sind. Das Bündnis für saubere Luft nimmt in Kauf, dass die Gesundheit der Bevölkerung weiterhin leidet.“ so Richard Mergner, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz.
Der Vorsitzender der BN Kreisgruppe München, Christian Hierneis kommentiert: „Die verschiedenen Maßnahmen zur Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs werden von uns seit vielen Jahren gefordert und werden jetzt als tolle neue Ideen gefeiert. Das Problem ist allerdings, dass es Jahre oder Jahrzehnte dauert, bis der öffentliche Nahverkehr vollständig ausgebaut ist, bis die Elektromobilität sich durchsetzt oder nachhaltige Verkehrskonzepte umgesetzt sind. Das alles hätten wir längst, wenn die Staatsregierung nicht geschlafen und die Automobilindustrie geschont hätte. Die Menschen haben nun den Dreck in der Luft ihrer Städte und in ihren Lungen. Das ist fahrlässig und hat mit politischer Verantwortung nichts zu tun. Keine dieser Maßnahmen wird kurzfristig dazu beitragen, die Grenzwerte auch nur halbwegs einzuhalten. Wir brauchen in München wirksame Sofortmaßnahmen.“
Für Rückfragen:
Richard Mergner, Landesbeauftragter: 01716394370
Christian Hierneis, Kreisvorsitzender München: 01785372048
Hintergrund:
Die Grenzwerte für Stickstoffdioxid werden in bayerischen Städten oftmals nicht eingehalten, besonders an der Messstation Landshuter Allee sind die Jahresmittelwerte doppelt so hoch wie gesetzlich erlaubt. Damit belegt München den zweiten Platz in der Bundesrepublik. Mit dem heutigen Tag wurde ein vom Freistaat Bayern vergebenes Gutachten zur Belastung von den einzelnen Hauptstraßenzügen mit Stickstoffdioxid in München veröffentlicht. Aus diesem geht hervor, dass an 24 % der Münchner Hauptstraßenabschnitte die Grenzwerte für Stickstoffdioxid nicht eingehalten werden. Damit ist klar, dass für Hunderttausende Bewohner der Landeshauptstadt erheblichen Gesundheitsrisiken ausgesetzt sind. Der BUND Naturschutz fordert die sofortige Aktualisierung des Luftreinhalteplans im Zuge der Veröffentlichung der neuen Zahlen des Umweltbundesamtes. Darüber hinaus muss Alexander Dobrindt einen sofortigen Verkaufsstopp für neue Euro-6-Dieselautos aussprechen, wenn sie im Realbetrieb auf der Straße den gesetzlichen Stickoxidgrenzwert von maximal 80 Milligramm pro Kilometer nicht einhalten. Außerdem müssen die Hersteller dafür sorgen, dass bereits verkaufte Fahrzeuge wirksam nachgebessert werden, denn Software-Updates allein reichen nicht aus. Weitere dringend erforderliche Maßnahmen sind die Abschaffung des Steuervorteils für Dieselkraftstoff und die Einführung einer Blauen Plakette für Fahrzeuge, die in sämtlichen Betriebszuständen den gesetzlichen Anforderungen zur Luftreinhaltung genügen.