Aus für Kooperationsprojekt zur Verkehrswende auf dem Stachus – BN gibt über 33.000 Euro Fördergelder an Stadt zurück
Wie schön hätte es diesen Sommer auf dem Stachus werden können: Der BUND Naturschutz (BN) in München hatte geplant, von Mitte Juli bis Mitte September den Stachus zu einem Ort des Austauschs und der Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern rund um die Verkehrswende zu machen. Dort sollten Veranstaltungen stattfinden, Projekte präsentiert werden und Menschen miteinander über konkrete Ideen diskutieren können. Doch mit größtem Bedauern muss der BN in München dieses Mitmach- und Erlebnisprojekt zur Verkehrswende auf dem Stachus absagen.
Die Entscheidung war umso bitterer für die Verantwortlichen, als das seit Monaten vorbereitete Großprojekt eigentlich auf einem guten Weg war. Neben großer politischer und fachlicher Zustimmung aus dem Stadtrat, bis hinauf zur zweiten Bürgermeisterin sowie aus dem Mobilitätsreferat, wurde das Projekt auch von den drei Innenstadt-Bezirksausschüssen fachlich und finanziell unterstützt. Erst kürzlich entschied eine Jury u.a. aus Stadtratsmitgliedern, das Vorhaben des BN ebenfalls aus dem Topf für Projekte rund um den städtischen Mobilitätskongress zu fördern.
„Trotz monatelanger Gespräche und trotz klarem politischem Auftrag aus der Vollversammlung vom 27. Januar dieses Jahres war das Kreisverwaltungsreferat letztlich nicht bereit, das Projekt für mehr als nur 14 Tage auf dem Stachus zu genehmigen, da die städtischen Richtlinien dies nicht vorsehen würden. Allerdings sehen die städtischen Richtlinien auch nicht vor, dass für eine Automesse praktisch alle großen öffentlichen Plätze in der Innenstadt belegt werden. Sowohl für die IAA, als auch für das BN-Projekt gab es klare politische Willensbekundungen. Dem Anspruch der IAA, auf die öffentlichen und meist autofreien Plätze in der Altstadt zu gehen und nach einer bevorrechtigten Spur zwischen Messe und Innenstadt wird im Wesentlichen entsprochen. Doch ein im Verhältnis dazu winziger Begegnungsort auf dem Stachus ist laut KVR nicht möglich und das, obwohl andere Veranstaltungen dort parallel hätten stattfinden können. Mit dieser Position offenbart sich das KVR als Kreisverhinderungsreferat, an dem die Verkehrswende zu scheitern droht. Freie Fahrt gilt nur für das Auto, nicht aber für alternative Mobilitätsentwürfe.“, erläutert Martin Hänsel, stellvertretender Geschäftsführer beim BN in München.
Aus Sicht des BN zeigt dieser Fall ein strukturelles Problem auf. Wenn trotz breiter politischer Unterstützung ein Thema ohne echten fachlichen Grund von einem Referat blockiert werden kann, ist es kein Wunder, wenn ein Riesenthema wie die Verkehrswende gemessen an den Anforderungen des Klimawandels nur in Trippelschritten vorankommt. Irritierend ist aus Sicht des BN zudem, dass das KVR den von ihm angebotenen kurzen Zeitraum als ausreichend beurteilte, um die vom BN verfolgten Ziele zu erreichen. Wie das KVR zu dieser aus BN-Sicht unzutreffenden Beurteilung kommt, ist für den BN nicht nachvollziehbar. Mit knapp 90 Kooperationspartnern war der BN in Kontakt, viele hatten bereits eine Beteiligung zugesagt oder waren in konkreten Abstimmungsgesprächen.
„Es verwundert, dass ein Referat, welches die ordnungsrechtliche Seite eines Antrags beurteilen soll, nun auch noch die inhaltliche Bewertung übernimmt. Tatsächlich sehen wir keine Möglichkeit, die von uns mit einer Vielzahl von Partnern verfolgten Ziele in dem zurechtgestutzten Zeitraum auch nur näherungsweise zu erreichen. Unser Kompromissvorschlag, die Dauer auf einen Monat zu begrenzen, war unsere absolute Schmerzgrenze. Das KVR ist darauf in keiner Weise eingegangen, obwohl die Vollversammlung des Stadtrats eine dem jeweiligen Konzept angemessene Zeitspanne beschlossen hatte. Deshalb blieb uns leider nichts anderes übrig, als in dem Projekt nun die Notbremse zu ziehen und die Vorbereitungen zu stoppen. Wir hatten einfach keine Zeit mehr, um noch länger auf einen Umschwung im KVR zu hoffen. Natürlich werden wir die insgesamt 33.500 Euro Fördergelder aus dem Mobilitätsreferat und den Bezirksausschüssen nicht in Anspruch nehmen, sondern zurücküberweisen, sofern das Geld bereits bei uns eingegangen ist. Weh tut allerdings, dass die über 20.000 Euro vom BN finanzierten Personalkosten, die bisher bereits in die Vorbereitungen geflossen sind, nun völlig umsonst waren.“ ergänzt Dr. Thorsten Kellermann, stellvertretender Vorsitzender des Münchner BN.
Aus Sicht des Verbands der Automobilindustrie (VDA), dem Veranstalter der IAA, ist es sicher ein Erfolg, dass das Verkehrswendeprojekt der Münchner Bürgerinnen und Bürger nicht stattfindet. Für die Münchner Verkehrswende und die Zusammenarbeit der Stadt mit ihren eigenen Initiativen aber ist dies fatal und bedeutet einen großen Rückschritt und Vertrauensverlust. Wenn der Messezirkus des VDA im Herbst weitergezogen ist, muss die Stadt mit den Bürgerinnen und Bürgern wieder an einer Verkehrswende arbeiten, die den Namen verdient und sich nicht nur im Wesentlichen als Wechsel vom Verbrennungs- zum Elektromotor versteht. Der BN hofft, dass bis dahin nicht mehr Einzelmeinungen in der städtischen Verwaltung dieses so wichtige Projekt ausbremsen können.
Aktuell prüft der BN, wie die Themen Verkehrswende und Umgestaltung des westlichen Altstadtrings zu einem Central Park nun alternativ aufgegriffen und in diesem Sommer / Herbst in der Stadt präsentiert werden können.