BN sieht Forderungen nach neuer Autobahn als großen Irrweg
„Eine neue Autobahn im Münchner Süden würde kein einziges Verkehrsproblem lösen und stattdessen den Verkehrskollaps im Großraum München verstärken. Die Hoffnung, diese Autobahn würde den Mittleren Ring entlasten, ist nicht mehr, als ein Wunschbild ohne Bezug zur Realität. Wer nicht glauben will, dass neue Straßen nur neuen Verkehr bringen, dem sei der Blick auf Verdistraße und Eschenrieder Spange empfohlen.“ kommentiert Christian Hierneis, Vorsitzender des BUND Naturschutz (BN) in München aktuelle Forderungen aus zwei Bezirksausschüssen, über die die Süddeutsche Zeitung heute berichtet.
Auch im Münchner Nordwesten hoffte man, mit dem Bau der A99-Nord und West und der Eschenrieder Spange die hochbelastete Verdistraße vom Autoverkehr zu entlasten. Den Menschen dort wurde mit der Autobahn eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität versprochen. Im Rückblick zeigt sich, wie falsch die Hoffnung darauf war. Heute leiden die Anwohnerinnen und Anwohner entlang der Verdistraße nach wie vor unter der tagtäglichen Dauerbelastung durch den Straßenverkehr. Öffentliches Leben ist entlang der Verdistraße nicht möglich. Gleichzeitig ist die Autobahn im Münchner Westen und Norden Dauergast in den Verkehrsmeldungen. Der Allacher Tunnel ist regelmäßig überlastet, Blockabfertigung des Verkehrs ist dort an der Tagesordnung. Nur 22 Jahre nach seiner Eröffnung ist der Tunnel bereits generalsanierungsbedürftig. Um noch mehr Autos dort fahren zu lassen, plant die Bayerische Staatsregierung, einen zusätzlichen zweiten Tunnel durch den Allacher Forst zu graben. Dabei ist dieser nach europäischem Recht als FFH-Gebiet geschützt und zusätzlich als Naturschutzgebiet ausgewiesen und ist unter anderem Heimat höchst seltene Käferarten, wie der BN in einem Gutachten nachweisen konnte.
„Von der anfangs in Aussicht gestellten Entlastung und Verbesserung der Lebensqualität für die Menschen entlang der Verdistraße redet schon lange niemand mehr. Eine weitere Autobahn durch die letzten großflächigen Wälder am Stadtrand wäre außerdem eine Naturzerstörung von gigantischem Ausmaß. Die Hoffnung auf einen Tunnel ist ebenso unrealistisch wie die Hoffnung auf Entlastung durch neue Straßen. Wir verstehen den Wunsch nach weniger Straßenverkehr in den Stadtvierteln entlang des Mittleren Rings. Doch wir warnen davor, falschen Hoffnungen nachzuhängen. Weniger Verkehr braucht weniger Autos, nicht mehr Straßen und schon gar nicht weitere Autobahnen.“ ergänzt Hierneis.
Ebenso häufig genannt und trotzdem falsch ist die Hoffnung, eine Autobahn im Münchner Süden könnte als Tunnelvariante ohne eine massive Zerstörung der Wälder als grüne Lungen der Stadt auskommen. Zum einen wurden Tunnelvarianten in der Machbarkeitsstudie der Staatsregierung verworfen. Zum anderen sind sie auch faktisch unrealistisch, da die Trassen der bestehenden Autobahnen und die Bundesstraßen dann nicht angebunden wären. Außerdem ist davon auszugehen, dass allein für Sicherheitseinrichtungen, Rettungswege etc. leistungsfähige oberirdische Straßen notwendig sind, welche den Wald dauerhaft zerschneiden würden.
Aus diesem Grund bestärkt der BN in München die Stadt in ihrer ablehnenden Haltung zu Forderungen nach einer neuen Autobahn im Süden der Stadt. Der BN unterstützt die Bestrebungen, den motorisierten Individualverkehr einzu-dämmen und gleichzeitig Alternativen wie den öffentlichen Verkehr oder den Radverkehr auszubauen. Erste Erfolge, wie beispielsweise bei Sharing-Systemen oder dem Radverkehr, zeigen, welche Potentiale hier bisher ungenutzt schlummern. Auch neue Entwicklungen in der Arbeitswelt, wie die verstärkte Tendenz, von zuhause aus zu arbeiten, wirken sich auf die Verkehrsströme aus. Die Zukunft unserer Mobilität wird sich aus Sicht des BN vom eigenen Auto weg entwickeln und in Zukunft deutlich breiter aufgestellt sein.
„Die Fixierung der Verkehrspolitik auf das Auto ist daran schuld, dass überall Menschen an den Folgen des überbordenden Straßenverkehrs leiden. Wir brauchen eine Trendwende: hin zu mehr Umweltschutz und zu mehr Lebensqualität und weg vom Straßenverkehr. Wer jetzt noch Autobahnen plant, verbaut einer nachhaltigen Mobilität die Zukunft.“ so Hierneis abschließend.