Stadtrat beschließt alternativen Mobilitätsgipfel
Die Kreisgruppe München des BUND Naturschutz (BN) begrüßt den heutigen Beschluss des Stadtrats für einen alternativen Mobilitätsgipfel und weitere Maßnahmen begleitend zur im Herbst stattfindenden Internationalen Automobilausstellung IAA in München ausdrücklich. Auch dass das neu eingerichtete Mobilitätsreferat hier die Federführung übernehmen soll, ist aus Sicht des BN folgerichtig und unterstreicht den Anspruch der Stadt, in diesem Referat die Kompetenz rund um Mobilität zu bündeln. Gleichzeitig ließt sich aus dem Beschlusstext aber auch die Eile und Dringlichkeit, mit der nun an der Umsetzung gearbeitet werden muss. Damit die heute beschlossenen Pläne noch rechtzeitig realisiert werden können, müssen nun alle betroffenen Stellen in der Stadt an einem Strang ziehen.
„Es ist bedauerlich, dass ausgerechnet Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner die Beschlussvorlage im Vorfeld nicht mitgetragen hat. Stattdessen verweist er auf vom Verband der Automobilindustrie bei der IAA in Aussicht gestellte Diskussionsforen. Dies zeigt wie schwer es seinem Referat noch immer fällt, die Verkehrswende aus der Sicht der Bürgerinnen und Bürger zu sehen. Die Gestaltung der Verkehrswende in München liegt in der Verantwortung des Münchner Stadtrates und nicht in der Hand eines Auto-Lobbyverbandes. Deshalb ist der heute beschlossene alternative Mobilitätsgipfel das richtige Zeichen der Stadt, sich bei diesem Thema das Heft nicht aus der Hand nehmen zu lassen“ urteilt Dr. Thorsten Kellermann, stellvertretender Vorsitzender des BN in München.
Ebenfalls positiv beurteilt es der BN, dass Vorschläge aus dem vom BN vorgelegten Konzept „Living City Lab“ aufgegriffen und heute beschlossen wurden. Allerdings hätte sich der BN hier noch mehr Mut gewünscht. So fehlt beispielsweise ein klares Bekenntnis zum vom Stadtrat bereits beschlossenen Altstadt-Radlring. Der BN hatte hier vorgeschlagen, diesen während der IAA temporär umzusetzen. Stattdessen soll es nun lediglich Exkursionen dazu geben. Aus Sicht des BN muss hier nachgebessert werden.
„Die Tage, an denen München im Licht der Weltöffentlichkeit steht, sind genau die richtigen Tage, um die angestrebte autoarme Altstadt für die Menschen schon jetzt erlebbar zu machen. Die Verkehrswende lebt von einem Netz aus ineinander greifenden und sich gegenseitig ergänzenden Maßnahmen. Aus diesem Zusammenspiel entfaltet sich die überwältigende Wirkung für mehr Lebensqualität, welche die Menschen begeistert. Der BUND Naturschutz wird sich in den nun anstehenden Verhandlungen dafür einsetzen, dass die Menschen mehr geboten bekommen, als punktuell wirkende Projekte,“ ergänzt Martin Hänsel, stellvertretender Geschäftsführer des BN in München.
Insbesondere mit Blick auf den Boulevard Sonnenstraße warnt der BN vor einer möglichen Fehlentwicklung: Bekanntermaßen kollidiert das vom BN mitgegründete Streetlife Festival auf der Ludwigstraße mit den Platzansprüchen der IAA, obwohl es zu den größten etablierten Münchner Veranstaltungen gehört. Der Boulevard Sonnenstraße darf nicht als vermeintlich billiger Ersatzstandort für ein verdrängtes Streetlife Festival fehlinterpretiert werden. Viel wichtiger als das Aufstellen von Buden und Musikbühnen ist es, auf der Sonnenstraße die Straßenfläche beispielhaft so umzuverteilen, dass Fußgänger, Radfahrende und öffentlicher Verkehr profitieren.
„Über die Sonnenstraße zu sprechen ist dringend nötig, denn die Umbauarbeiten am Sendlinger Tor nähern sich ihrem Ende. Höchste Zeit also, die Menschen jetzt für eine Umverteilung des Straßenraumes zu begeistern. Verpasst der Stadtrat diese Chance, droht der Altstadt an dieser Stelle auf Jahrzehnte hinaus verkehrspolitischer Stillstand,“ so Hänsel weiter.
Zudem warnt der BN davor, sich bei den nun anstehenden Detailplanungen zu sehr an den Vorstellungen des Verbands der Automobilindustrie zu orientieren, wie es Wirtschaftsreferent Baumgärtner in seiner Stellungnahme formuliert. Dass Baumgärtner selbst in einem temporären Testbetrieb alternativer Mobilitätsformen im öffentlichen Raum eine mögliche Konkurrenz zur IAA sieht unterstreicht, wie wichtig eine eigenständige Positionierung der Stadt München für die weitere Entwicklung der Mobilitätsformen in München ist.
„Der Stadtrat sollte die Zeit während der IAA nutzen, um die bisher in weiten Teilen noch in der Theorie haftende Verkehrswende in der Praxis auszuprobieren, ganz im Sinne eines Umsetzungslabors. Auf diese Weise könnte die Diskussion um die IAA sich am Ende für die Stadt zu einem Glücksfall erweisen“ so Kellermann abschließend.