29.01.2018 – Seit 2008 ist die aktuelle europäische Richtlinie zur Luftreinhaltung in Kraft. Seit fast zwei Jahrzehnten ist bekannt, welche Grenzwerte für Luftschadstoffe eingehalten werden müssen. In diesen bald 20 Jahren ist viel zu wenig für eine saubere Luft passiert; die Grenzwerte werden in München nach Modellrechnungen auf mindestens 123 Kilometern Straßenlänge überschritten. Verantwortungslose Automobilkonzerne die mit Schummelsoftware agieren und wegschauende Politiker haben zu dieser Situation geführt. Deswegen fordert der BUND Naturschutz mehr Mut und Schluss mit den Schuldzuweisungen!
Heute hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die bisherigen Maßnahmen des Freistaats zur Luftreinhaltung in München nicht ausreichen. Deshalb drohte die Richterin ein erneutes Zwangsgeld an. Es sei ein Novum in der Rechtsgeschichte, dass eine öffentliche Körperschaft wie der Freistaat Bayern ein vorangegangenes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs nicht adäquat umsetzt. Damit geht auch die Aufforderung an den Freistaat einher, endlich seinen Verpflichtungen nachzukommen und für die Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxide (NO2) in den Städten zu sorgen. Bereits im letzten Beschluss zum Thema im Februar 2017 äußerten sich die Richter wesentlich klarer als die verantwortlichen Politiker: Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht auf saubere Luft und die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte. An guten Ideen, wie das erreicht werden kann, mangelt es nicht, wohl aber am Mut der Beteiligten zur Umsetzung. Nach jahrelanger Untätigkeit müssen nach Ansicht des Gerichts auch Fahrverbote als Mittel erwogen werden.
„Saubere Luft ist ein Grundrecht, das für alle gilt! Den unter hohen Schadstoffbelastungen leidenden Menschen ist es nicht wichtig, wer schuld daran ist, dass die Luft nicht sauber wird. Wichtig ist, dass sie jetzt endlich sauber wird! Die Stadt München muss ihren Handlungsspielraum ausnutzen. Angesichts horrender Mieten sind beispielsweise Parkgebühren für Autos, welche den größten Teil des Tages herumstehen und kostbaren Platz im städtischen Raum kostengünstig nutzen, viel zu niedrig. Das kann die Stadt sofort ändern und mit Umwidmung von großen Teilen des Parkraums weiteren Nutzen schaffen. Diejenigen die heute über drohende Fahrverbote schimpfen und diese mit allen Mitteln verhindern wollen sind mit ihrer Blockadepolitik der letzten Jahre genau dafür mitverantwortlich“ so Christian Hierneis, Vorsitzender des BUND Naturschutz (BN) in München.
Langfristprojekte wie eine U9 sind für die Menschen, die jetzt auf saubere Luft warten, kein Beitrag zur Lösung des Problems. Der BN fordert daher die Verantwortlichen auf, endlich ihre Hausaufgaben zu machen:
- Auf Bundesebene müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine blaue Plakette geschaffen werden. Aus Sicht des BN dürfen allerdings nur Fahrzeuge, die den Euro VI Standard auch im realen Fahrbetrieb einhalten, die Plakette bekommen. So könnten Schadstoffschleudern effizient aus den Städten herausgehalten werden. Für die notwendigen Nachrüstungen der Fahrzeuge müssen die Hersteller in die Pflicht genommen werden.
- Der Freistaat Bayern muss seine Mobilitätspolitik für die wachsenden Metropolregionen viel konsequenter auf einen attraktiven ÖPNV, auf Förderung des Rad- und Fußverkehrs und Sharing-Angebote ausrichten.
- Der BN fordert die Stadt München auf:
- Reduzierung des öffentlichen Parkraums ab 2017 um jährlich 5 %.
- Ausweitung des Bereichs mit maximal möglicher Parkgebühr bis zum mittleren Ring.
- Konsequente Ahndung von Falschparken durch die kommunale Parkraumüberwachung.
- Busverkehr fördern durch dichteren Takt und eigene Busspuren als sofort wirksame Übergangslösung bis der Schienen gebundene ÖPNV ertüchtigt ist.
- Fahrverbot für private Dieselfahrzeuge ab 2020 mit Übergangsregelung.