BN untersucht die Bedeutung von E-Scootern in München
Seit diesem Sommer gehören Elektro-Mietroller zum Stadtbild dazu. Innerhalb kurzer Zeit haben die Geräte den öffentlichen Raum erobert. Viele Hoffnungen für eine bessere Mobilität in der Stadt sind mit ihnen verbunden. Ebenso viele Befürchtungen gibt es aber auch. Doch belastbare Zahlen zu den Geräten fehlen bisher. Die Kreisgruppe München des BUND Naturschutz (BN) hat deshalb im August und September fast 3.000 Menschen zu den Geräten befragt. Ziel war es herauszufinden, wie sinnvoll diese neuen Fahrzeuge als Beitrag zur Verkehrswende sind und Daten darüber zu gewinnen, wie E-Scooter in München genutzt und angenommen werden.
Die wichtigsten Ergebnisse:
Die Studie des BUND Naturschutz in München (BN) zeichnet ein recht genaues Bild von den derzeitigen E-Scooter Nutzern. Diese sind mit 19 bis 35 Jahren relativ jung, überwiegend männlich (66%) und nutzen die Geräte eher selten und unregelmäßig. Immerhin etwa 20 Prozent der E-Scooter Nutzer nutzen die Geräte aber bereits regelmäßig, also mindestens wöchentlich. Als überwiegend genutztes Verkehrsmittel spielen E-Scooter mit nur 0,2 Prozent Anteil noch keine Rolle. Aus der Umfrage des BN ergibt sich, dass die Befragten sich vorstellen können, die E-Scooter vor allem in der Freizeit und zum Sightseeing zu verwenden. Zwar würden sich E-Scooter laut den Befragten auch für Wege zum bzw. vom ÖPNV eignen, doch die Umfrage zeigt auch, dass sie aktuell in München keinen bedeutenden Beitrag zur Alltagsmobilität der Befragten leisten und lediglich als Ergänzungsangebot gewertet werden können.
„Noch bleiben E-Scooter hinter den an sie gestellten Erwartungen zurück und sind wie in anderen Städten auch in München im Wesentlichen ein Spaß-Vehikel. Noch sind sie kein Beitrag zu einer nachhaltigen Mobilität und Verkehrswende in München“ urteilt Christian Hierneis, Vorsitzender des BN in München auf Grundlage der BN-Studie.
Die BN-Studie ergab auch, dass noch eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der gesetzlichen Vorgaben und Regelungen zur Nutzung von E-Scootern besteht und bestätigt das gefühlt kritische und relativ negativ geprägte Stimmungsbild in der Bevölkerung gegenüber E-Scootern. Insbesondere Personen, die bisher noch keinen E-Scooter genutzt haben, nehmen diese eher als Risiko und Gefahr im Straßenraum wahr. Tendenziell waren jüngere Personen den E-Scootern gegenüber aufgeschlossener. Im Hinblick auf die Bedeutung von E-Scootern als neues Fortbewegungsmittel gaben fast zwei Drittel der Befragten an, dass im Münchner Straßenraum zu wenig Platz für alle Verkehrsteilnehmer herrsche und bestätigten damit eine bereits bekannte Problematik in München.
Maßnahmen und Forderungen:
Auf Grundlage der Studie bewertet der BN E-Scooter-Leihsysteme als grundsätzlich interessantes Konzept, sofern durch das Angebot Autofahrer zum Umstieg auf den Umweltverbund und E-Scooter motiviert werden. Einen Trend in diese Richtung zeigt die BN-Studie aber noch nicht. Auch hinsichtlich Langlebigkeit und Gesamt-Ökobilanz von E-Scootern gibt es bisher große Fragen. „E-Scooter können neue Wege zu einer Verkehrswende öffnen. Spannend bleibt aber, ob sich dieses Potential in einen umweltfreundlichen Mobilitätsverbund integrieren lässt. Die Stadt muss dafür gemeinsam mit den Anbietern noch stärker als bisher für eine stadt- und umweltverträgliche Umsetzung sorgen. Wie sich das Nutzerverhalten entwickelt muss weiter beobachtet werden. Der BUND Naturschutz plant deswegen, diese Umfrage im nächsten Sommer zu wiederholen“ ergänzt Christina Kühnhauser von der Projektstelle nachhaltige Mobilität des BN und Leiterin der Studie.
Für den weiteren Umgang mit E-Scootern in München fordert der BN:
- Leih- und Parkstationen für E-Scooter sollten vor allem an ÖV-Knotenpunkten eingerichtet werden, um sie als Alternative zum Auto für Wege von/zum ÖV attraktiver zu machen. Dies muss die Stadt im Gespräch mit den Anbietern sicherstellen. Stationen für E-Scooter dürfen nur auf bereits versiegelten Flächen, wie beispielsweise auf Autostellplätzen, und nicht zulasten des Umweltverbunds oder von Grünflächen entstehen.
- Mit E-Scootern als zusätzlichem Fortbewegungsmittel muss deutlich mehr Platz als bisher geplant, auch über die Vorgaben des Radentscheids
hinaus, für den Umweltverbund im Straßenraum geschaffen werden. Dies darf jedoch nicht zulasten von Grünflächen geschehen. - Die Bemühungen der Stadt, das Angebot an E-Scootern zu steuern und regelkonformes Verhalten durchzusetzen, müssen aufrechterhalten werden.
- Das Fahrt- und Abstellverbot in Grünanlagen muss bestehen bleiben.
- Sowohl von städtischer als auch von Anbieterseite sind Aufklärungs- und Informationskampagnen zur sicheren und regelkonformen Nutzung von E-Scootern im Straßenverkehr notwendig. Diese sollten auch Personen einbeziehen, die keine E-Scooter nutzen, um Unsicherheiten und Konflikte zwischen beiden Personengruppen zu reduzieren.
- Langlebigkeit und Gesamt-Ökobilanz der Geräte sind dringend verbesserungsbedürftig, ein umweltfreundliches Flottenmanagement erforderlich.
- Eine Anpassung und Aktualisierung der „Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung“, vor allem hinsichtlich der Installation von Blinkeranlagen, erscheint sinnvoll.
Anlage zur BN-Studie „E-Scooter in München“, 2019
Methodik und Stichprobe
- standardisierter Fragebogen
- 20 Fragen, gegliedert in die Themenkomplexe Alltagsmobilität, Nutzung von E-Scootern, gesetzliche Regelungen für Elektrokleinstfahrzeuge, Bewertung von E-Scootern im Straßenverkehr und demographische Angaben zur Person.
- Es fand sowohl eine Straßen- als auch zeitgleich eine Online-Befragung statt, wobei jeweils die identischen Fragebögen verwendet wurden.
- Es wurden insgesamt 2784 Personen befragt.
Onlinefragebogen
- Anzahl Teilnehmer*innen: ca. 1700 Personen
- Veröffentlichung über: Homepage und Facebook-Seite der Kreisgruppe München des BUND Naturschutz bzw. Newsletter der MVG und des MVV, Unterstützung durch Patagonia Works
- Zeitraum: vom 31. Juli bis 23. September 2019 online abrufbar
Straßenbefragung
- Anzahl Teilnehmer*innen: ca. 1000 Personen
(ca. 600 Personen innerhalb und ca. 400 Personen außerhalb des Mittleren Rings) - Befragungsstandorte: 6 Standorte innerhalb des Mittleren Rings sowie 9 Standorte außerhalb des Mittleren Rings mit dem Ziel einer möglichst gleichmäßigen Verteilung über das gesamte Stadtgebiet
- Zeitraum: an verschiedenen Tagen von Anfang August bis Mitte September 2019
Repräsentativität
- Keine gezielte Auswahl einer repräsentativen Stichprobe für die gesamte Bevölkerung Münchens möglich.
- Ein Vergleich der erfassten Werte bei Alter und Geschlecht mit Zahlen des Statistischen Amts der Stadt München für 2019 ergab eine z.T. hohe bzw. befriedigende Übereinstimmung. Deutliche Unterschiede ergeben sich bei den Altersklassen „Unter 14 Jahren“ und „Über 70 Jahren“. In der Altersklasse „19-25“ wurden verhältnismäßig viele Personen im Rahmen der Umfrage erreicht.
- Die Umfrageergebnisse sind nicht repräsentativ, können aber allgemeine Tendenzen und Stimmungsbilder aufzeigen und sind auf die Bevölkerung Münchens generell übertragbar.