6.3.2017 – SEM Nordost: Riesiger Flächenverbrauch – fehlerhafte Planungsgrundlagen

Rund sechs Quadratkilometer von München werden im Nordosten des Stadtgebietes überplant. Die Fläche ist über zwanzigmal größer als das historische München innerhalb des Altstadtrings. Die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) Nordost ist zurzeit das größte Siedlungsprojekt Deutschlands. Nun hat die Stadtverwaltung drei Planungsvarianten für dieses Gebiet vorgelegt. Nur noch mit diesen Varianten soll weitergeplant werden. Für die beiden Naturschutzverbände Landesbund für Vogelschutz (LBV) und BUND Naturschutz (BN) sind alle drei Varianten zu monströs geraten, da sie naturnahe Flächen in großem Umfang zerstören würden. Dabei nehmen sie keinerlei Rücksicht auf die landschaftliche Eigenart und Schönheit des Münchner Nordostens. Das können sie auch gar nicht, da die verwendeten Planungsgrundlagen für die Varianten eklatante Schwächen aufweisen.
 
LBV und BN verlangen deshalb eine vierte Planungsvariante. Diese Variante sollte die Lebensqualität für Neubürger und Alteingesessene in den Vordergrund stellen und den Erhalt naturnaher Flächen sichern. Ein solche naturnahe Variante haben BUND und LBV bereits 2014 entwickelt und im Münchner Planungsreferat vorgestellt.
 
Außerdem fordern die beiden Naturschutzverbände, dass eine ordentliche Biotopkartierung mit einem fachlich fundierten Vegetationsgutachten zur Vorbereitung der Varianten vorgelegt wird. Das bisherige Gutachten wird von den Verbänden als völlig unzureichend und fehlerhaft angesehen.

„In München muss es auch in Zukunft noch ein Naturerleben und eine landwirtschaftliche Produktion geben. Wir brauchen Flächen für die Naherholung, für die Lebensmittelproduktion, für den Klimaschutz und für die Tier- und Pflanzenarten“, fordert Christian Hierneis, 1. Vorsitzender des BN in München.

„Die vorgesehene Bürgerbeteiligung ist eine Farce, da nur noch über die vorgegebenen Varianten des Planungsreferates diskutiert werden darf. Kleiner dimensionierte Planungsvarianten mit mehr Freiflächen und Rücksichtnahme auf Landschaft und Natur werden von vorneherein ausgeklammert“, argumentiert Heinz Sedlmeier, Geschäftsführer des LBV in München.

Eine erste Analyse des Vegetationsgutachtens, das für die Erstellung der drei Varianten des Planungsreferates Grundlage war, durch Fachleute von LBV und BUND ergab unerklärliche Defizite. Von den 63 gefährdeten und seltenen Pflanzenarten, die ein renommierter Vegetationsökologe 2014 im Gebiet feststellte, wurde in der Untersuchung des Planungsreferates nicht einmal eine Handvoll wiedergefunden. Sogar die auffälligen, besonders gefährdeten Arten wie der Kreuz-Enzian und der Purpur-Klee wurden offensichtlich ignoriert. Gewöhnliche heimische Arten wurden als Neophyten (unerwünschte Störarten) bezeichnet. Eine der wertvollsten Flächen am Eicherhof ist räumlich falsch eingezeichnet. Zudem wurden viele weitere Unzulänglichkeiten festgestellt.

Völlig perplex waren die Fachleute von BN und LBV, als ihnen in einem Vorgespräch zur Planung sogenannte temporäre Querungen der Daglfinger-, Brodersen- und Johanneskirchener Straße als Lösung für einen schnellen Baubeginn vorgestellt wurden.

„Niemand wird ernsthaft glauben, dass die drei geplanten Brückenbauwerke wieder abgerissen werden, wenn die Trasse der S8 irgendwann in einem Tunnel verschwinden soll. Nein, das wird eine Dauerlösung werden, und die Bürgerinnen und Bürger müssen mit Lärm und Abgasen leben“, meint Hierneis.

LBV und BN sehen das Problem des Wohnungsbedarfs in München als genauso drängend an wie Bürgerschaft und Verwaltung. Die Naturschutzverbände sind aber der Meinung, dass die Planung von monströsen Trabantenstädten mit wenig Grün keine Lösung ist, im Gegenteil – es entstehen dadurch neue, noch größere Probleme. Eine naturnahe und auf Lebensqualität ausgerichtete vierte Planungsvariante für den Münchner Nordosten ist deshalb notwendig.

 

Ansprechpartner für Rückfragen und V.i.S.d.P.:
Landesbund für Vogelschutz, Kreisgruppe München
Dr. Heinz Sedlmeier, Geschäftsführer, Tel. 089 / 200 270 71

BUND Naturschutz, Kreisgruppe München
Dr. Rudolf Nützel, Geschäftsführer, Tel. 089/ 51 56 76 – 0

Anlagen: Planungsvariante von BN und LBV

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