Foto: Herr Bohn, unsplash

München, 26.2.2021

IAA breitet sich immer weiter aus –
Details zur Sonderspur durch München

Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit bleiben Fremdworte für die IAA. Wie sehr Eigendarstellung und Wirklichkeit bei der IAA auseinanderklaffen, zeigen nun Präsentationen der IAA im Internet. Diese lüften erstmals ansatzweise das Geheimnis, welches die Messe München und das Wirtschaftsreferat der Stadt rund um die IAA veranstalten. Gleichzeitig offenbaren die Dokumente aber auch, wie dünn das Nachhaltigkeitsmäntelchen ist, das sich die IAA so gerne umhängen würde.

Richard Mergner, Vorsitzender des BUND Naturschutz (BN): „Die IAA ist und bleibt das Schaulaufen der Autokonzerne, die in ihrer aktuellen Produktpalette nach wie vor auf SUVs und immer größere, schwerere und leistungsstärkere Autos setzen. Die Autoshow als „Mobilitätsplattform“ darzustellen ist reines Greenwashing. Die geplante Messe mit den Standorten in der Innenstadt geht an der aktuellen Diskussion völlig vorbei. Der Trend zur Verteilung im innerstädtischen Raum geht weg vom Auto hin zu Fußgängern und Radfahrern. Deswegen werden wir in einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis in München gegen die IAA auf die Straßen gehen.“

Wie Dokumente auf der Homepage der IAA zeigen, soll noch mehr öffentlicher Raum als bisher zugegeben wurde für die IAA belegt werden. Bisher wurde diese Information der Öffentlichkeit jedoch nicht vorgestellt. Konkret handelt es sich um ca. 200 Meter in der Arcisstraße auf Höhe der Glyptothek. Bis zu acht Autohersteller sollen hier ganz offensichtlich von der grünen Lunge des parkartigen Grüns am Rande des Königsplatzes profitieren und dort ihre Fahrzeuge parken. Was für ein Widerspruch in sich! Weitere etwa 120 Meter sollen in der Ludwigstraße für vier bis sechs Autohersteller als Parkplatz dienen. Auf den beiden
Straßenabschnitten sollen Fahrzeuge stehen, die auf der speziell für die IAA reservierten Sonderspur von der Messe in die Innenstadt eingesetzt werden.

„Hinhalten und ansonsten schweigen – mit dieser Taktik breitet sich die IAA immer noch weiter in der Stadt aus. Was kommt als Nächstes ans Licht? Wir fordern die IAA zum wiederholten Male auf, endlich alle Pläne für den Auftritt in der Stadt offenzulegen. Die IAA nutzt München als riesige Werbefläche für Autos, das muss mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutiert werden. Die Nutzung öffentlicher Plätze ist kein Thema für Geheimabsprachen im Hinterzimmer! Umso notwendiger ist auch ein alternativer, unabhängiger Mobilitätskongress der Stadt. Das Vorgehen der IAA zeigt, wie wichtig ein eigenständiger Auftritt der Stadt zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern ist. Mobilität muss den Menschen dienen und mit ihnen entwickelt werden. Sie ist kein Selbstzweck für Autokonzerne.“ so Dr. Thorsten Kellermann, stellvertretender Vorsitzender des BN in München.

Die Dokumente machen auch deutlich, für welche Art von Fahrzeugen mitten durch die Stadt eine eigene Fahrspur reserviert wird, nämlich für batterieelektrische Fahrzeuge (BEV), Plug-In-Hybride (PHEV) und Wasserstofffahrzeuge (FCEV). Ferner werden auch Fahrzeuge genannt, die mit mindestens drei Personen belegt sind (sog. HOV), ohne dass deren Antriebsart näher spezifiziert wird. Das Etikett „emissionsfrei“ auf der beschönigend „Blue-Lane“ genannten Spur entpuppt sich damit als Mogelpackung. Keine dieser Antriebsarten ist wirklich emissionsfrei. 100% Ökostrom als Energiequelle für Elektromobilität bleibt bis auf Weiteres reines ¬Wunsch¬denken, zumal der Ausbau erneuerbarer Energien aufgrund der politischen Blockade stockt.

Ökologisch hoch fragwürdig sind Plug-In-Hybride. Diese Technik wird von den Herstellern aktuell insbesondere eingesetzt, um den Spritverbrauch ihrer übermotorisierten und viel zu schweren Fahrzeuge optisch zu drücken. Eingesetzt werden viele diese Autos aber hauptsächlich auf Langstrecken, bei denen der minimale Elektroanteil nicht ins Gewicht fällt. Ähnlich sieht es bei Wasser-stofffahrzeugen aus: Sie spielen als Antriebsform für die breite Masse politisch und praktisch keine Rolle und ihre schlechte Ökobilanz qualifiziert sie ebenfalls nicht als Antriebsart der Zukunft.

Dass die IAA zusätzlich auch noch Fahrzeuge auf der Sonderspur rollen lassen will, deren einziges Qualitätskriterium der Transport von mindestens drei Personen ist, setzt dem Ganzen die Krone auf: Schon allein um möglichst viele Menschen über die Sonderspur rollen zu lassen, werden die IAA-Macher darauf achten, dieses Kriterium locker zu erfüllen. Auf diese Weise könnte dann auch ein 2,5 Tonnen Diesel-SUV sich seinen Weg auf der Sonderspur mitten in die Altstadt bahnen.

„Wir gehen davon aus, dass dieses Konzept während der IAA nicht unkommentiert bleiben wird. Dieses Mobilitätsverständnis von Vorgestern fordert die Bürgerschaft ja geradezu heraus. Zukunft der Mobilität heißt für die IAA, das Konzept „eigenes Auto“ noch möglichst lange beizubehalten. Mit einer Verkehrswende und Umverteilung des Straßenraumes hat das nichts zu tun. Immer mehr europäische Großstädte wenden sich von einer autozentrierten Ver-kehrsplanung ab. Die Menschen wünschen sich mehr Platz für Fußgänger, Radfahrende und ÖPNV, wesentlich mehr Grün, mehr Ruhe und mehr Lebensqualität.“ ergänzt Kellermann.

 

Zum Nachlesen

Machen Sie sich selbst ein Bild. Das sind die IAA-Dokumente zu den öffentlichen Plätzen in München:

Darstellung: IAA

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